Das Training-Lager der Masters

"Schwimmen wie ein Fisch" - das war das Motto eines Trainingswochenende der Masters Mitte September im Erzgebirge. Der "Sportpark Rabenberg" bei Breitenbrunn, eine einsam im Wald gelegene frühere DDR-Kaderschmiede, bot dafür exzellente Voraussetzungen: Gleich zwei Schwimmbäder gibt es in der Anlage, die außerdem über diverse Sporthallen verfügt, über Spezialräume für Gewichtheber bis Balletttänzer, über großzügige Außenanlagen für Fußballer, Leichtathleten, Basketballer. Für uns, also die elf Masters vom SC Welle, waren die Schwimmbäder natürlich am wichtigsten: das eine hatte 25-Meter-Bahnen, das andere 50-Meter-Bahnen. Und immer hatten wir die Becken ganz für uns allein.

Der erste Wasserkontakt stand für Freitagabend auf dem Programm. Allerdings hatte nur ein kleiner Teil der Truppe das Vergnügen, ins Becken hüpfen zu können. Der Rest - die Besatzung von zwei der drei Autos - stand derweil nahe Chemnitz im Stau und vertrieb sich die Zeit damit, das Kreuzworträtsel im SZ-Magazin zu lösen oder wilde Geschichte über die Leute in den anderen Autos ringsum zu erfinden. Die Stauopfer trafen nach gut sechs Stunden Zeit auf der Straße im Sportpark ein, dort sassen die anderen schon beim Abendessen.
 
Der Sonnabend begann für die, die Lust dazu hatten, mit einem kleinem Waldlauf. In der Morgensonne trabte ein halbes Dutzend Menschen mit zum Teil kuriosen Kopfbedeckungen (da Mütze vergessen) kreuz und quer durch den Wald, um nach etwa einer halben Stunde im Speisesaal einzulaufen. Dort saßen bereits quirlige Cheerleaders, verschlafene Alt-Herren-Fußballer und andere Hobbysportler. "Berühmtheiten sind zur Zeit keine da", erzählte eine Bedienung hinter dem vielfältigen Frühstücksbuffett. "Die Profis kommen immer unter der Woche."
Nach dem reichhaltigen Frühstück und einer kleinen Pause ging es zum Aufwärmen in einen Gymnastikraum, wo wir unter Hannahs Anleitung mittels bekannter und neuer Übungen unsere Muskeln dehnten und vorbereiteten. Vor dem Sprung ins Wasser stand dann noch der Gang auf die Waage. Schließlich wollten wir doch mal sehen, wie viel Gewicht wir bei der zweistündigen Trainingseinheit verlieren würden.
 
Und dann führte uns Olaf, unser Trainer, Schritt für Schritt an das "Schwimmen wie ein Fisch" heran, das unter Profis "Front-Quadrant-Schwimmen" genannt wird. Dabei handelt es sich um eine besonders ökonomische Art des Kraulens. Doch an jenem Vormittag schwammen wir viel Rücken, allerdings ohne Arme. Dann kamen zu den Beinbewegungen langsam Drehungen und Arme dazu, wobei unsere Bewegungen vom Beckenrand betrachtet vermutlich gar keine Ähnlichkeit mit Kraulschwimmen hatten. Die theoretischen Hintergründe der Methode erklärte uns Olaf nach dem Mittagessen bei der knapp zweistündigen Theorieeinheit, die nicht nur durch die gezeigten Michael-Phelps-Videos sehr anschaulich war. Anschließend ging es zurück in die Schwimmhalle, wo freundliche Herren vom Sportpark die Schwimmkameras für uns aufbauten. Ursprünglich hatte es geheißen, dass die Unter- und Überwasserkamera-Anlage kaputt sei. Doch dann stellte sich heraus, dass es nur nicht möglich war, Startsprünge und die erste Schwimmphase aufzuzeichnen. Der Reihe nach schwamm dann jeder ins Visier der Kameras, alle Lagen wurden aufgenommen. Bei dieser Gelegenheit entstand auch der kleine Gruppenfilm.
Voll gespannt setzten wir uns am Abend, nach Sauna und Essen, in der Sportlerklause vor Bernhards Laptop, um uns unsere Schwimmfilme anzusehen. Wobei es vorher vereinzelt Diskussionen darüber gegeben hatte, dass sich die Bilder gegebenenfalls verdammt demotivierend auswirken könnten, für den Fall, dass das Gezeigte nicht ganz den eigenen Erwartungen und Hoffnungen entspricht. Doch keiner stand nach der kleinen Vorführung frustriert auf. Und das, obwohl kleine Schwächen offenbar wurden - etwa in den Delphinbeinschlag reingeschummelte Kraulbewegungen.
 
Die Läufergruppe am Sonntagmorgen war etwas kleiner als am Tag zuvor; die vier Stunden Bewegung am Samstag hatten ihre Spuren hinterlassen. Zum Warmmachen führte Olaf einige seiner besonders effektiven Spezialübungen vor, die teils mit Ächzen und Stöhnen nachgeahmt wurden. Dann hieß es: Ein letztes Mal ins Rabenberger Wasser! An jenem Vormittag war erstmals zu erahnen, wie aus der Drehbewegung vom Vortag einmal das neue Kraulen werden könnte. Geduldig erklärte Olaf vom Beckenrand aus, was der Eine oder die Andere falsch machte.
 
An das Mittagessen schloss sich ein kleiner Rundgang über das Gelände an, wobei unter anderem die Cheerleaders aus dem Takt gebracht und die Turnhallen-Sprunganlage mit der tiefen Schaumstoff-Quader-Grube getestet wurde. Die Rückfahrt verlief für alle problemlos, nach dreieinhalb Stunden hatte uns Berlin wieder - glücklich, zufrieden und ein klein wenig erschöpft.
 
Schon werden Pläne geschmiedet für das nächste Trainingslager - was wohl beweist, dass es beim ersten allen gefallen hat.